top of page

Geistheilen - telepathisches Aktivieren? 1

  • Harald Wiesendanger
  • 22. Sept.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Okt.

”Dem Phänomen Geistiges Heilen mangelt es an einer vernünftigen Erklärung.”

(Teil 9)


Ausführliche Auseinandersetzungen mit diesem und weiteren Argumenten in Geistiges Heilen - Das Große Buch, Geistheiler - Der Ratgeber, Heilen “Heiler”? und Fernheilen, Band 2.

Fernheilen: ein telepathisches Aktivieren? Während Fürst Myschkin, der tragische Held in Dostojewskis Roman , im Bahnhof von Petersburg stand, "schien es ihm plötzlich, dass ein seltsamer, glühender Blick zweier Augen aus der Menge, die sich auf dem Bahnsteig drängte, starr auf ihn gerichtet wäre. Als er jedoch genauer hinschaute, konnte er davon nichts mehr entdecken." Ein paar Stunden später wähnte er den gleichen Blick erneut auf sich ruhen, "die Augen dicht hinter seinem Rücken". Es war ihm, "als hätte ihn etwas durchbohrt, und gleichzeitig fühlte er sich an etwas erinnert - etwas Schweres, Finsteres, Düsteres ..." Myschkin quälte ein weitverbreitetes Gefühl. Ob in Cafés oder Restaurants, in Zugabteilen oder Straßenbahnen, in Wartezimmern oder Fußgängerzonen: Manchmal packt uns unvermittelt ein plötzliches Unbehagen; dumpf spüren wir, wie etwas Fremdes unangenehm zudringlich wird. Im selben Augenblick glauben wir intuitiv zu wissen: "Jemand starrt mich an!", obwohl wir den Betreffenden unmöglich wahrnehmen können, zumindest nicht mit unseren normalen Sinnen. Wir drehen uns um: nicht blindlings irgendwohin, sondern meist, merkwürdig zielsicher, in genau die Richtung, aus welcher uns der Blick zu treffen scheint. Seltsam häufig finden wir dann unsere Ahnung bestätigt. Der Eindruck, ungesehene Blicke zu spüren, ist weit verbreitet: Bereits bei einer 1913 in Kalifornien durchgeführten Umfrage, der allerersten zu diesem Phänomen, entsannen sich 68 bis 86 Prozent der Interviewten - je nach Altersgruppe und Geschlecht - mindestens einen derartigen Erlebnisses. Unter befragten Europäern sind es 80 Prozent, unter Studenten in St. Louis 85 Prozent, unter Texanern 94 Prozent. Steckt hinter dieser vermeintlichen Sensibilität schierer Aberglaube? Überbewerten wir dabei zufällige Gleichzeitigkeiten? Reagieren wir in Wahrheit auf unterschwellige sensorische Hinweisreize: einen Schattenwurf vielleicht, ein Räuspern oder einen Atemhauch im Nacken? Oder weist diese Erfahrung paranormale Anteile auf: Könnte Telepathie im Spiel sein? Auf einen Psi-Faktor deuten spektakuläre Testreihen hin, die im Rahmen des DMILS-Forschungsprogramms () unter Leitung des amerikanischen Parapsychologen Dr. William Braud in den späten achtziger Jahren begannen und bis heute fortgesetzt werden: anfangs an der in San Antonio, Texas, neuerdings am in Palo Alto, Kalifornien. In einer typischen Versuchsanordnung bemüht sich ein "Agent" - wörtlich "Handelnder", hier: derjenige, der schaut -, innerhalb einer mehrminütigen Zeitspanne jeweils ein paar Sekunden lang, nach einer zufällig festgelegten Sequenz, den "Perzipienten" (Wahrnehmenden) entweder geistig zu "erreichen" und seine Aufmerksamkeit zu erregen, indem er ihn intensiv anstarrt (Experimentalphase) - oder wegzuschauen und sich innerlich abzulenken (Kontrollphase). Wiederholt fand Braud bestätigt, dass "Perzipienten" auch unter Laborbedingungen auffallend häufig Blicke registrieren, die auf sie gerichtet sind - viel häufiger jedenfalls, als bloß zufälliges Herumraten statistisch erwarten ließe. Dabei nahmen Versuchspersonen, die der Gruppe der "Perzipienten" (Wahrnehmenden) zugelost worden waren, in einem schalldichten, elektromagnetisch abgeschirmten Laborraum Platz und entspannten sich. Unterdessen war eine Videokamera auf sie gerichtet. Was diese aufnahm, wurde live auf einen Monitor in einem anderen, mindestens 20 Meter entfernten Raum übertragen, vor dem ein "Agent" ("Handelnder") saß. Telepathische Verbindungen zeigten sich in Serien solcher "Anstarrtests" zumeist nur auf einer unbewussten Ebene. Nachdem Braud einen "Perzipienten" anfangs jeweils befragte, ob dieser meinte, angestarrt worden zu sein (ebenso verfuhr der Biologe Rupert Sheldrake in Tests mit englischen Schulkindern), ist er inzwischen dazu übergegangen, den elektrischen Hautwiderstand des "Perzipienten" zu messen: ein verlässlicher Indikator für die Aktivität des autonomen Nervensystems. "Eine normalerweise unbewusste physiologische Reaktion wie diese", erläutert Braud, "zeigt unterschwellige Wahrnehmungen möglicherweise sensibler an als jegliche bewusste Äußerung". Diese Annahme bestätigte sich: Zwar lag bei beiden Versuchsanordnungen die Trefferquote der "Perzipienten" deutlich über der statistischen Zufallswahrscheinlichkeit. Doch am eindrucksvollsten fielen die physiologischen Messungen aus: In Phasen des Angestarrtwerdens erhöhte sich die elektrodermale Aktivität durchschnittlich um immerhin 18 Prozent. Statistische Signifikanzen kümmerten Dostojewskis blaublütigen "Idioten" freilich nicht. Zwar hatte Fürst Myschkin den Eindruck, "als hätte ihn etwas durchbohrt", zunächst bloß für den Vorboten eines seiner häufigen epileptischen Anfälle gehalten. ("Ich fange jetzt wieder an, alles Mögliche zu sehen", wie Dostojewski ihm in den Mund legt.) Doch die Augen, die ihn hinterrücks anstarrten, waren nichts Eingebildetes: Sie gehörten seinem Verfolger Rogoshin. Beim Erspüren von Blicken, die wir mit unseren gewöhnlichen Sinnen nicht wahrnehmen können, handelt es sich nur um eine von vielen Weisen, in denen Telepathie in unserer alltäglichen Erfahrungswirklichkeit aufscheint. Einer weiteren Erscheinungsform haben Parapsychologen in jüngster Zeit ebenfalls erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt: dem "telepathischen Telefonieren". Gemeint ist damit die seltsame Erfahrung, dass manchmal das Telefon klingelt - und am anderen Ende der Leitung meldet sich just jemand, an den man nur wenige Augenblicke vorher gedacht hatte. Erstaunlich viele Menschen haben Derartiges schon erlebt, wie mehrere Umfragen belegen: Von 200 zufällig ausgewählten Personen im Großraum Santa Cruz im Nordwesten Kaliforniens, die im Jahr 2000 befragt wurden, bejahten 78 Prozent die Frage: "Haben Sie jemals mit jemandem telefoniert, der sagte, er habe soeben daran gedacht, Sie anzurufen?" Von denen, die zustimmten, hatte knapp jeder Vierte sogar schon "oft" ein derartiges Erlebnis (23 Prozent), Dreiviertel "manchmal" (73 Prozent) und bloß jeder Zwanzigste erst "einmal". Eine zweite Frage lautete: "Haben Sie jemals das Telefon läuten gehört - und wussten im selben Augenblick, wer Sie da anruft, obwohl es darauf keinerlei Hinweis gab, ehe das Gespräch mit ihm begann?" Nahezu die Hälfte der Befragten bejahte auch dies; von ihnen hatten nur zwei Prozent lediglich ein einziges Mal ein derartiges Erlebnis, der Rest mehrfach oder gar häufig.7 Zwei frühere Umfragen zum selben Thema in Großbritannien, die eine in London und die andere im Großraum Manchester, hatten ähnlich erstaunliche Werte ergeben. Überhaupt scheint Telepathie, wie Repräsentativumfragen in zahlreichen Ländern seit über einem Jahrhundert immer wieder aufs Neue bestätigen, für die Bevölkerungsmehrheit alles andere als unnormal, sondern ein durchaus vertrautes, wiederholt erlebtes Phänomen. Gemäß einem Überblick über mehrere nationale Erhebungen hierzu, den der isländische Parapsychologe Erlendur Haraldsson 1983 zusammenstellte, bekennen sich zu telepathischen Erfahrungen immerhin 58 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner und durchschnittlich 32 Prozent der Westeuropäer. Aus anderen Kulturkreisen, von sogenannten "Naturvölkern", haben Ethnologen seit dem 19. Jahrhundert beeindruckende anekdotische Berichte von telepathischen Leistungen mitgebracht, deren beeindruckte Zeugen sie geworden waren. In der Regel schlossen sie daran reichlich bemühte Versuche an, den miterlebten geheimnisvollen Nachrichtenverkehr akademisch wegzuerklären, etwa durch insgeheimes "Morsen mittels Trommeln", als "faulen Zauber", mit dem sich machthungrige Stammespriester und Schamanen beim Volk Achtung verschaffen und es unterwürfig machen; schlicht als Zeugnisse der "Urdummheit" von "primitiven" Eingeborenen, wie für einen Großen der Völkerkunde, Konrad Theodor Preuss (1869-1938) feststand. Es war das Verdienst vor allem von zwei Gelehrten, das gesamte bis Anfang des 20. Jahrhunderts vorliegende ethnologische Material zu sichten und Fälle herauszufiltern, bei denen Psi-Deutungen näherlagen, als die Arroganz von abendländisch "Aufgeklärten" ertragen mag: der schottische Völkerkundler und Religionswissenschaftler Andrew Lang (1844-1912), der zeitweise Präsident der britischen war, und der italienische Parapsychologe Ernesto Bozzano (1862-1943). Der deutsche Psychologe, Völkerkundler und Religionswissenschaftler Werner F. Bonin ergänzte ihre Fallsammlung bis Mitte der achtziger Jahre um weiteres eindrucksvolles Material. Inzwischen nimmt die Fachwelt diese Bezüge zunehmend ernster: Anlässlich ihrer Jahrestagung 1974 in Mexiko City veranstaltete die ein interdisziplinäres Symposium zum Thema "Parapsychologie und Anthropologie"; dessen Initiator und Leiter, der Mediziner und Soziologe Joseph K. Long von der Universität Plymouth, New Hampshire, versammelt Beiträge mehrerer honoriger Forscher, die sich dort für eine Aufwertung der Psi-Hypothese stark machten, in seiner Anthologie . Doch ob nun Alltagserfahrungen aus Santa Cruz oder dem afrikanischen Busch: Nie ganz ausräumen lässt sich der Verdacht, letztlich seien dabei zufällige Gleichzeitigkeiten überbewertet oder subtile Informationsübertragungen über gewöhnliche sensorische Kanäle übersehen worden: beim anscheinenden "Erspüren unsichtbarer Blicke" etwa ein Schattenwurf, ein Räuspern, ein Atemhauch im Nacken. Um andere als Psi-Faktoren, aber auch schieren Zufall auszuschließen, muss Telepathie experimentell erforscht werden. Und in Europa begannen Wissenschaftler damit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts  - anfangs vor allem inspiriert von der aufkommenden Hypnoseforschung, die an Franz Anton Mesmers "animalischen Magnetismus" anschloss. Manche "mesmerisierten" Versuchspersonen schienen auch dann noch für Suggestionen ihres Hypnotiseurs empfänglich, wenn beide längst wieder voneinander räumlich getrennt waren. Dieses Phänomen bestätigte experimentell 1886 der französische Psychiater Pierre Janet (1859-1947) gemeinsam mit dem Arzt M. Gibert. Ein Jahrzehnt zuvor hatte Dusart schon ähnliche Versuche durchgeführt, allerdings mit weniger imposantem Ergebnis: Es gelang ihnen, eine Patientin Janets, die 50jährige bretonische Bäuerin Léonie, aus bis zu zwei Kilometern Entfernung durch "Mentalsuggestion" in Hypnose zu versetzen und dann zu bestmmten Handlungen zu veranlassen. Von 25 derartigen Versuchen verliefen 19 erfolgreich, und bis heute werden sie zu den beachtlichsten Hinweisen auf die Existenz von Telepathie gezählt. Daraufhin wurde in Paris eine Kommission von angesehenen Wissenschaftlern unter Leitung des französischen Physiologen und späteren Nobelpreisträgers für Medizin Charles Richet (1850-1935) eingesetzt. Sie wiederholte die Versuche mit Janets Patientin - und kam nicht umhin, sie zu bestätigen. In den zwanziger und dreißiger Jahren sorgten die ausgedehnten Telepathie-Forschungen des Leningrader Physiologie-Professors Leonid Wassiliew für Aufsehen, eines Schülers des 1927 verstorbenen berühmten Physiologen Wladimir Bechterew. Zwei besonders sensible Testpersonen, die Russinnen Iwanowa und Fedorowa, ließen sich in Hunderten von Versuchen telepathisch einschläfern bzw. wecken, selbst über eine Entfernung von bis zu 1700 Kilometern; häufig verstrichen zwischen telepathischer Suggestion und Reaktion weniger als zwei Minuten. Allein in den Jahren 1933/34 fanden 260 derartige Versuche statt; nur in sechs Fällen misslang das mentale Einschläfern, das telepathische Aufwecken in 21.   Im Bemühen um ein standardisiertes Verfahren, das jeder interessierte Forscher ohne weiteres nachvollziehen konnte und statistisch auszuwerten war, begannen sich von den dreißiger Jahren an Karten-Tests durchzusetzen: anfangs mit gewöhnlichen Spielkarten, später mit sogenannten "Zener-Karten", die eines von fünf simplen Symbolen zeigten (Kreis, Kreuz, Quadrat, Welle, Stern). In einem typischen Versuch lag vor dem "Sender" ein umgedrehter Stapel solcher Karten, die er der Reihe nach aufdeckte; in einem Nebenraum saß unterdessen ein "Empfänger", der mental zu erfassen versuchte, welches Symbol der Sender gerade vor Augen hatte. Auch wenn solche Versuche - namentlich durchgeführt im 1935 gegründeten "Parapsychologischen Laboratorium" der Duke-Universität in Durham, North Carolina, unter Leitung des amerikanischen Biologen Joseph B. Rhine -  für die Getesteten ebenso wie für die beteiligten Wissenschaftler an monotoner Langeweile nicht zu überbieten waren und eher demotivierend und leistungshemmend gewirkt haben müssten, waren die erzielten Ergebnisse doch derart imposant, dass sie die Parapsychologie im Bemühen um akademische Anerkennung einen bedeutenden Schritt voranbrachten.


Quellenangaben und weiterführende Literatur in Fernheilen, Band 2.

 
 
 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Kommentare


bottom of page