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Theoretische Modelle für Geistheilung (7)

  • Harald Wiesendanger
  • 22. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Okt.

”Dem Phänomen Geistiges Heilen mangelt es an einer vernünftigen Erklärung.”

(Teil 7)


Ausführliche Auseinandersetzungen mit diesem und weiteren Argumenten in Geistiges Heilen - Das Große Buch, Geistheiler - Der Ratgeber, Heilen “Heiler”? und Fernheilen, Band 2.


Unterwegs  zu einer Neuen Medizin - einschließlich Geistiges Heilen?


Wer das Mysterium des Fernheilens quantenphysikalisch erhellt, hat es noch lange nicht in der Medizin etabliert. Ein Arzt untersucht und behandelt keine nonlokal verschränkten Quanten, sondern Zellverbände, Organe und hoffentlich auch die ganze Person, der sie zugehören. Deshalb bleibt eine Fernheiltheorie solange defizitär, wie sie nur Licht in einen exotischen Elementarteilchenzoo wirft, aber nicht zu jener Ebene findet, auf der so riesenhafte Quantenballungen wie Menschen heilen und heil zu werden versuchen. Eine "Neue Physik", die Planck und Heisenberg näher ist als Descartes und Newton, mag erhellen, wie mit der Intention eines Heilers eine entsprechende Reaktion eines Patienten einhergehen kann, gleichgültig wie weit sie voneinander räumlich getrennt sind. Und in erster Linie dazu brauchen wir sie: für einen Brückenschlag zwischen zwei Entitäten unserer Art, von dem wir nicht begreifen, wie er im Einklang mit den Gesetzen klassischer Physik überhaupt möglich sein soll. Darüber hinaus wollen Mediziner aber verstehen, was infolgedessen in einer dieser Entitäten, nämlich dem Patienten, auf anatomisch-physiologischer Ebene geschieht.


Zur Klärung dieses Rätsels könnte die Psychoneuroimmunologie beitragen, jener Forschungszweig, der unseren Organismus als System perfekt ineinandergreifender, aufs Vielfältigste vernetzter Teilsysteme verständlich zu machen beginnt: das filigrane Zusammenspiel von Funktionsbereichen, die frühere Generationen von Medizinern als relativ eigenständig betrachteten und entsprechend separat angingen. Zentrales und autonomes Nervensystem - darunter auch die Bereiche, deren Aktivitäten mit jenen Zuständen einhergehen, die wir "geistig" oder "seelisch" nennen - und Immunsystem, darüber hinaus aber auch das endokrine System, Magen, Darm und Herz bilden ein hochintegriertes Ganzes. (Deshalb müsste, streng genommen, die ohnehin schon monströse Wortschlange "Psychoneuroimmunologie" noch um "-endo-", -"gastro-" und "-cardio-" verlängert werden.) In keinem dieser Subsysteme geschieht etwas, ohne eine Kaskade von biochemischen Prozessen auszulösen, die in alle anderen Systeme hinein- und von dort zurückwirken. Würden wir nur die "Eintrittsstelle" einer Heilintention kennen - den Punkt innerhalb des Systems Mensch, an dem sie irgendwie rezipiert wird - und verstehen lernen, wie sie dort biochemisch umgesetzt wird -, so könnten wir es getrost der "Psychoneuroimmunologie" überlassen, alle weiteren Glieder der Kausalkette, den ganzen Rest des Heilvorgangs, nach und nach aufzuklären.


Als heißer Kandidat für diese Schnittstelle wird auf Konferenzen energetischer Mediziner inzwischen die Zirbeldrüse gehandelt; manchen gilt sie als "Meisterdrüse", die "uns mit der äußeren energetischen Welt in Beziehung bringt". Möglicherweise dient aber auch unser gesamtes Gehirn als "Empfänger". Aus Hirnmaterial von sieben Verstorbenen konnte ein Wissenschaftlerteam um Joseph Kirschvink vom California Institute of Technology (Caltech) kürzlich winzige magnetische Kristalle isolieren, die als "Antennen" auch für relativ schwache elektromagnetische Felder fungieren könnten. Darauf aufmerksam wurde Kirschvink durch merkwürdige schwarze Pünktchen auf Magnetresonanzbildern (MRI) von menschlicher Gehirnsubstanz. Die sonderbaren Gehirn-Kristalle bestehen aus Magnetit (Magneteisenstein, Fe3O4) und sind bloß fünfzig Millionstel Millimeter groß. Die meisten Gehirnregionen enthalten fünf Millionen solcher Magnetit-Kristalle pro Gramm, die schützende Gehirnmembran sogar hundert Millionen. Um sie zu isolieren, arbeitete das Kirschvink-Team in einem speziellen Laborraum, der mit sechs Tonnen Stahl gegen das Magnetfeld der Erde abgeschirmt war, und benutzte teflonbeschichtete Instrumente, die metallische Verunreinigungen der Untersuchungsobjekte verhinderten. Als Messinstrument wurde ein aus Supraleitern gefertigtes, hochempfindliches Magnetometer verwendet. Sind diese cerebralen Mini-Magneten imstande, fernheilend produzierte Feldeffekte zu aufzunehmen? Wir werden sehen.


Und nun grämt sich der verwirrte Patient: Muss ich zu alledem eine Meinung haben? Wieviel muss ich darüber wissen?



Wieviel Theorie benötigt der Patient beim Geistheiler?


In Wahrheit machen uns die Phänomene, mit denen Geistiges Heilen die neuzeitliche Medizin und Naturwissenschaft herausfordert, bisher ebenso ratlos wie einst Fossilienfunde, die anscheinend für Darwins Evolutionstheorie sprachen, die Anhänger der biblischen Schöpfungslehre. In dieses Defizit an Erklärungen hinein wuchert ein Wust von unausgegorenen Spekulationen, derentwegen leider auch gesicherte Beobachtungen unverdientermaßen ins Zwielicht geraten.


Aber Erklärungsnotstand sollte Patienten nicht abhalten. Vielen Hilfesuchenden ist speziell beim Geistigen Heilen und erst recht beim Fernbehandeln mulmig zumute, weil sich niemand gerne eine Hoffnung macht, von der er nicht versteht, wie überhaupt möglich sein soll, dass sie sich erfüllt. Wie soll Geistheilung gelingen können, wenn der Klient von seinem Therapeuten weit entfernt ist, ihm vielleicht niemals begegnete - und womöglich nicht einmal weiß, dass auf Distanz mit ihm gearbeitet wird? Wie sollen übermittelte "Heilkräfte" zielgenau, selbst zu anderen Kontinenten hin, einen bestimmten Empfänger erreichen können, ohne sich dabei im geringsten abzuschwächen: kranke Menschen ebenso wie Ratten und Hamster, Pilze in Petrischalen und Enzyme in Reagenzgläsern? Wenn zufällige Koinzidenzen und psychologische Mechanismen die Wirkungen Geistigen Heilens nur teilweise erklären - welche Faktoren spielen dann zusätzlich mit? Was ist das für ein unsichtbares therapeutisches Agens, das der schieren Intention, der konzentrierten Absicht eines dafür begabten Menschen zu gehorchen scheint?


Zum Vergleich: Wie soll jemand nach Osten segeln und im Westen ankommen können? Wie soll man jemanden fast so deutlich hören können, als stünde er neben einem, wenn er doch weiter weg ist, als die lauteste Stimme jemals reichen kann? Wie soll einer zu sehen sein, der sich hinter dem Horizont befindet? Ehe Kolumbus die Welt umsegelte und die Erde für uns aufhörte, eine Scheibe zu sein; ehe Telefon und Fernsehen erfunden wurden - und die für technische Umsetzungen nötigen physikalischen Gesetzmäßigkeiten begriffen wurden -, hatte niemand eine Vorstellung davon. Trotzdem kann selbst der unzivilisierteste Urwaldbewohner von den Vorzügen des Fernsprechers, des Fernsehers profitieren, sobald er gelernt hat, die richtigen Knöpfe zu drücken. Dass vorerst niemand wirklich weiß, wie und warum Fernheilen wirkt, ändert nichts daran: Es wirkt. Was zählt für Patienten mehr?


Gerade skeptische Mediziner, die eines unbestreitbaren Erklärungsnotstands wegen weiterhin ihre Berührungsängste gegenüber Geistigem Heilen pflegen, tun gut daran, sich die Geschichte ihres eigenen Fachs in Erinnerung zu rufen. Keiner wusste, wie Penicillin wirkt - oder dass es überhaupt existiert -, ehe der britische Biologe Alexander Fleming 1929 die zufällige Entdeckung machte, dass das Wachstum von Bakterien durch Pilze aufgehalten wird. Ihm fiel auf, dass eine Glasschale mit einer Staphylokokkenkultur von Schimmel befallen war - und dass rings um die Schimmelkolonie die Kokken in scharfem Umkreis durch Auflösung zerstört waren, wohingegen sie in weiterem Abstand unbehindert weiterwuchsen. Daraus schloss er, dass von der Schimmelkolonie eine wachstumshemmende ("antibiotische") Substanz in die Umgebung diffundiert sein müsste. Es vergingen noch viele Jahre, ehe diese Substanz identifiziert und ihre chemische Zusammensetzung aufgeklärt war. Wäre Flemings Entdeckung mit dem Argument abgetan worden, man wisse nichts darüber, wie Pilze Bakterien den Garaus machen, so hätte sich die Einführung lebensrettender Antibiotika erheblich verzögert. Ähnliche Beispiele liefert die Medizinhistorie in Hülle und Fülle: Schon den als "Hexen" verschrieenen Kräuterweiblein des Mittelalters war bekannt, dass ein aus den Samen der Herbstzeitlose gewonnenes Gift bei Gicht wunderbar schmerzstillend wirkt; doch erst in diesem Jahrhundert wurde entdeckt, dass es sich bei diesem Wirkstoff um Colchicin handelt. Als Jesuiten im Jahre 1630 aus Peru die Chinarinde nach Europa mitbrachten: Kannte damals schon irgendwer den Inhaltsstoff Chinin, durch den sie gegen Malaria wirkt? Und über welches theoretische Wissen verfügte James Lind, als er entdeckte, dass er mit Zitronen und Limonellen den Skorbut ("Scharbock") kurieren konnte, der 1753 an Bord der HMS Salisbury ausgebrochen war? Weder hatte er die leiseste Ahnung von Ascorbinsäure und dem Umstand, dass Skorbut dann auftritt, wenn vier bis sechs Wochen lang Vitamin C in der Nahrung völlig fehlt; noch hätte er mit den Begriff eines "Nährstoffs" das Geringste anfangen können.


Dass Geistiges Heilen - im persönlichen Kontakt wie auf Distanz - helfen kann, ist eine über Jahrtausende bewahrte Erfahrungssache. Erfahrung geringzuschätzen, zählt keineswegs zu den standesethischen Verpflichtungen eines praktizierenden Arztes. Alles zu versuchen und nichts zu versäumen, was einem Kranken helfen könnte: Diese Pflicht allein obliegt ihm. Insofern muss sein Berufsethos pragmatisch sein, in erster Linie an voraussichtlichem Nutzen ausgerichtet. Um diesen Nutzen abzuschätzen, ist wissenschaftliche Forschung ein unentbehrliches Instrument, aber beileibe nicht das einzige. Erfahrung ist ein weiteres, deshalb verdient auch sie Respekt. Schmackhaft und gesund gekocht wird auf der Erde nicht erst, seit es die moderne Ernährungswissenschaft gibt. Nachdem Johannes Kepler um 1620 die günstigsten Maße für Weinfässer berechnet hatte, musste er feststellen, dass solche Behältnisse längst von Winzern verwendet wurden. Als Sadi Carnot 1824 seine Theorie der Dampfmaschine entwickelte, waren seine Vorschläge zur Konstruktionsverbesserung längst Maschinenbaupraxis. Dass eine pyramidenförmige Anordnung die dichteste Packung von Sphären im dreidimensionalen Raum ist, konnte erst im Herbst 1998 mathematisch bewiesen werden - eine platzsparende Einsicht, die den Orangenstapeln an Obstständen, der Lagerung von Kanonenkugeln in Wehrtürmen freilich immer schon anzusehen war. Haben Mediziner aus solchen Beispielen nicht abzuleiten, dass Intuition und Erfahrungswissen dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand mitunter weit vorauseilen? Dass eine vermeintlich "unwissenschaftliche" Behandlungsmethode, wie sie Geistheiler aus nächster Nähe oder aus weiter Entfernung einsetzen, segensreich wirken kann, lehrt das in allen Kulturkreisen der Erde seit Jahrtausenden angesammelte heilkundliche Wissen; die oft jahrzehntelangen Erfahrungen der fähigsten Geistheiler; die glaubwürdigen Berichte Abertausender von Patienten; und nicht zuletzt die Beobachtungen vieler Ärzte, die getreu einem Leitspruch des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein verfahren: "Denk nicht, sondern schau!"


Quellenangaben und weiterführende Literatur in Fernheilen, Band 2.

 
 
 

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