| "Ja, ich weiß ..." -
Wie Heilerportale mit Bedenken umgehen
Sollten die Verbreiter von Heilerlisten nicht auf Qualität aus sein? An 15 von ihnen ließ ich Omanva eine gleichlautende eMail schicken. Darin bekundete sie "als Geistheilerin ein ungutes Gefühl, nachdem ich die Einträge in Ihrer Heiler-Liste durchgegangen bin; viele scheinen mir, gelinde gesagt, fragwürdig. Ihr Internetportal besuchen doch viele Schwerkranke, denen die Schulmedizin seit längerem zuwenig oder gar nicht mehr helfen kann - Menschen in verzweifelten Notlagen, die bei Ihnen nach dem letzten Strohhalm greifen. Sollten Sie sich nicht bemühen, die Qualität der Therapeuten sicherzustellen, ehe Sie sie Ihre Homepage zu Werbezwecken nutzen lassen? Wären Sie dazu nicht moralisch verpflichtet?"
Die bezeichnenden Stellungnahmen:
Achim Kunze, Heil-Verzeichnis: "Ich verstehe Ihre Gefühle und Bedenken, aber wir betrachten uns als Internet-Dienstleister, die einen kostenlosen Service anbieten." (Omanva drängt es, darauf dreierlei zu erwidern. Erstens: Lobenswert ist ein Service nicht schon deshalb, weil es ihn gratis gibt - sondern erst, wenn er etwas taugt. Zweitens: In Wahrheit ist kein einziges Heilerportal, auch nicht Herrn Kunzes, ganz und gar "kostenlos" - jedes lockt Inserenten mit Gratis-Häppchen, die Appetit aufs teure Hauptgericht machen sollen. Drittens: Wer mit Dienstleistungsphilosophie sein schlechtes Gewissen reinzuwaschen versucht, ist unterwegs zur moralfreien Businesszone von Zigarettenautomatenbestückern und Waffenhändlern, von Steuerhinterziehungsberatern und Providern für Kinderpornoseiten; wer dabei anderen, vielleicht auch sich selbst vormacht, er leiste damit einen Beitrag zu einem "spirituellen" New Age, setzt sich dem Vorwurf fortgeschrittener Heuchelei aus.
Andreas Rebmann, Esoterik-Verzeichnis: "Ja, ich weiß - da sind viele Heiler, die noch nicht die höchste Stufe erreicht haben, auf der man sieht, dass alles gut ist, so wie es ist." (Auch nach wiederholtem medialen Kontakt mit ihren harappischen Meisterheilergeistern wollte sich Omanva der tiefere Sinn dieser kryptischen Auskunft partout nicht erschließen. Besagt sie, dass der beste Heiler derjenige ist, der sieht, dass er nichts zu tun braucht, weil alles, also auch alle Krankheiten, ohnehin gut sind? Wozu dann überhaupt Heiler, wozu Heilerportale?)
Marco Dahm, Patoveda: "Grundsätzlich kenne ich die meisten Geistheiler persönlich bzw. durch ihre Arbeit und kann somit eine hohe Qualität gewährleisten. Natürlich ist es bei uns nicht möglich, alle Einträge bis ins letzte zu checken. Zudem ist die Art und Weise der Heilung eine sehr subjektive Sache, die natürlich sehr schwer nachvollzogen werden kann. Aber wir werden uns in Zukunft noch mehr um die Installation eines Qualitätssystems für Heiler stark machen. Falls Sie dazu Anregungen haben, gehen wir gerne darauf ein." (Falls Patoveda tatsächlich schon jetzt "hohe Qualität gewährleisten" kann - wozu dann noch ein "Qualitätssystem"?)
"Team Therapeutenring": "Wie stellen Sie sich diese Sicherstellung (der therapeutischen Qualität von vermittelten Heilern, Anm.d.A.) vor? Ich meine, es ist gar nicht möglich, aus der Ferne Beurteilungen abzugeben." (Warum nicht aus der Nähe?)
Sven Bopf, Heiltor: "Ich verstehe Ihren Einwand gut. Sehe es allerdings weniger als moralisches Problem, sondern eher als ein praktisches. Ich werbe nicht für eine bestimmte Methode oder einen bestimmten Heiler, diese werben für sich, die Verantwortung liegt bei Ihnen." (Und wie steht es mit der Verantwortung dessen, der ihnen Werbemöglichkeiten verschafft?) "Zum anderen weise ich (...) ausdrücklich darauf hin, dass ich die Qualität der Anbieter nicht prüfen kann." (Wozu verbreitet er das Adressmaterial dann überhaupt?) "Ich müsste ja selbst krank sein und mich bei allen behandeln lassen, um dann eine (...) Aussage machen zu können." (Muss man selber arm sein und als Bittsteller alle Banken abgeklappert haben, ehe man eine Aussage über das Kreditwesen treffen kann?) "Wie kann ich mir in Anbetracht dieser Tatsachen anmaßen, zu selektieren?" (Wie kann er sich anmaßen, vom Verzicht auf Selektion zu profitieren?) "(...) Abschließend danke ich Ihnen für die Gelegenheit, anhand Ihrer Kritik noch einmal über die moralischen Implikationen beim Betrieb der Seite nachzudenken. Ich sehe das Dilemma, allerdings keinen Königsweg, es aufzulösen. Falls Sie noch konkrete Anregungen haben, teilen Sie mir diese doch gerne mit."
Stefan Frackowiak, Nature Help: "Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, dass nicht jeder ein Ersatz für die Schulmedizin sein kann. Schwerkranke, die nach einer Lösung aus Ihrer Notsituation suchen, werden sicherlich unter denjenigen fündig, die bei uns den Exklusiv-Eintrag gebucht haben." (Demnach würde Omanva ihre therapeutischen Qualitäten unter Beweis stellen, indem Sie für zehn Euro pro Monat bei Nature Help einen "Exklusiv-Eintrag" bucht - und dadurch Serviceleistungen einkauft wie "die Erstellung einer Seite im Verzeichnis nach einem Design Ihrer Wahl, Verlinkung Ihrer Homepage, unbegrenzter Text, unbegrenzte Anzahl von Bildern, Einbindung von Videos, Foto auf der Startseite, Rabatt-Einkauf"?) "Dennoch glaube ich, dass auch die anderen Ihre Berechtigung im Verzeichnis haben, um ggf. unterstützend mitzuhelfen." (Worauf stützt er dieses Glaubensbekenntnis?) "Jeder Besucher, ob Schwerkranker oder nur Informationsbedürftiger, kann sich seine für ihn passende Information bei Nature Help holen und unverbindlich Kontakt zu den Mitgliedern aufbauen, bei denen er ein gutes Gefühl hat." (Werbung in Heilerportalen überhaupt nötig zu haben, fühlt sich eher ungut an.) "Eine Einschätzung der Mitglieder kann ich nur über den postalischen Kontakt bzw. über deren Homepage vornehmen und bisher hatte ich bei allen Mitgliedern ein positives Gefühl. - Ich nehme gerne Verbesserungsvorschläge an und freue mich auf eine Zusammenarbeit."
Trutz Simson, Heilungsforum: "Das ist eine gute Anregung - darüber denken wir schon seit langem nach, wie das möglich wäre." (Hätte nicht besser zuerst nachgedacht, dann gehandelt werden sollen?) "Wir sind für jeden kreativen, praktisch durchführbaren Vorschlag dankbar."
Udo Seitz, Geistheiler24.de (Bonus.de GmbH): "Vorschlag: Wie wäre es, wenn Sie mir Ihre Vorschläge jeweils genau beschreiben? (...) Freudig erwartend bin ich auf Ihre ausführlichen Verbesserungsvorschläge gespannt. Bitte begründen Sie mir auch, wann welches Internetangebot moralisch bedenklich ist, dann bin ich sicherlich auch bereit, entsprechende Verbesserungen in das Internetportal einzubauen." (Zur moralischen Begründung würde Omanva der Bonus-GmbH kulturübergreifende Sozialethik ans Herz legen.)
Wolfgang T. Müller, Heiler-Portal: "Wir haben mit dem Heiler-Portal bewusst eine Plattform schaffen wollen ohne Vorurteile, Kontrolle oder Ver- bzw. Beurteilungen. Jeder Mensch ist göttlich und aus höherer Sicht tut jeder das, was er tun muss. Wir können und wollen nicht die Qualität der bei uns sich eintragenden Heiler und Therapeuten nach irgendeinem Maßstab testen, bewerten, kritisieren und beurteilen. Das kann alleine der potentielle Kunde. (...) Wie sollten wir Ihrer Meinung nach die Qualität eines Therapeuten feststellen? Wann müssen wir dann einen Therapeuten von unserer Website ausschließen? (...) Wir kennen nur sehr wenige Therapeuten persönlich und verlassen uns auf deren lautere Absichten - bis das Gegenteil bewiesen ist." (Sollten sich Hilfesuchende auf die lauteren Absichten von Adressvermarktern verlassen, die offenbar noch dem unerfahrensten Möchtegern, dem skrupellosesten Scharlatan, dem haarsträubendsten Nichtskönner "Göttlichkeit" bescheinigen - sofern er "tut, was er tun muss" und im Heiler-Portal auf Kundenfang geht?)
Jörg Wenzke, astrologieverzeichnis.eu: "Ihre Bedenken kann ich gut verstehen. Wie im gesamten Leben ist es auch in diesem Verzeichnis - es gibt Gute, Mittlere und leider auch die ganz Schlechten. Wer kann das schon von außen gleich sehen?" (Vielleicht nicht gleich, aber bei näherer Betrachtung.) "Wie würden Sie die Eintragungen selektieren? Woran erkennen Sie bei fremden Menschen, ob Sie gut sind oder schlecht?" (Soweit diese fremden Menschen als Heiler auftreten: indem ich herauszufinden versuche, ob sie halten, was ihr Name verspricht. Können sie wirklich heilen, d. h. das Befinden und möglichst auch den Befund in beachtlich vielen Fällen zumindest verbessern?) "Sie fragen nach, ob ich mich nicht bemühen müsste, die Qualität der Therapeuten sicherzustellen. Das sollte schon jeder Therapeut selber machen bzw. die Verbände, denen die jeweiligen Therapeuten sicherlich angehören.” (Tun sie denn, was sie sollten?) "Und zur Frage der Moral: Wer bestimmt eigentlich, was moralisch ist?" - ein aufschlussreiches Plädoyer für das Ausblenden der moralischen Perspektive, sobald es um Gewinnträchtiges geht.
Mehr zum Thema im jüngsten Buch von Harald Wiesendanger:
HEILEN “HEILER”? Ein Wegweiser für Hilfesuchende
(Lea Verlag: Schönbrunn, 3. erw. Aufl. 2009)
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